Wenn zwei sich streiten: Vom (beinahe) doppelten Verkauf einer Scheidungsimmobilie
Zunächst klingt alles nach einem ganz normalen Auftrag für Calvin Linke, Immobilienmakler bei Saxowert. Ein Kunde meldet sich telefonisch am Mittwoch Nachmittag mit dem Anliegen, sein Einfamilienhaus in Moritzburg bei Dresden zu verkaufen. Gemeinsam werden die weiteren Schritte besprochen und ein Termin für nächste Woche vereinbart. Alle bereits vorhandenen Infos und Unterlagen sollen, soweit möglich, bereits vorab per Mail dem Makler zugesendet werden. Nach dem Gespräch setzt Calvin seine Arbeit fort; in den folgenden Tagen prüft er außerdem die zugesandten Dokumente.
Zwei Tage später klingelt erneut das Telefon in Calvins Büro. Eine Frauenstimme meldet sich mit dem Wunsch, ein Einfamilienhaus in Moritzburg verkaufen zu wollen. Schon der Name kommt Calvin bekannt vor. Er erklärt das übliche Vorgehen und erhält von der Kundin erste Informationen zur Immobilie. Als er die Adresse erfährt, wird er stutzig. Er blättert kurz in seinen Unterlagen und sieht seinen Verdacht bestätigt: Es handelt sich um das selbe Haus wie im Gespräch vor zwei Tagen. Vorsichtig fragt er nach dem Verkaufsgrund und erfährt, dass es um eine Scheidungsimmobilie geht. Offensichtlich handeln beide Ex-Partner in diesem Fall völlig unabhängig voneinander. Fingerspitzengefühl ist also gefragt. Calvin entscheidet sich dagegen, die Kundin gleich über die Anfrage ihres Ex-Partners zu informieren und bietet stattdessen einen zeitnahen persönlichen Gesprächstermin vor Ort bei Saxowert an. Es gelingt ihm, mit ihr einen Termin noch vor seinem geplanten Treffen mit ihrem Ex-Partner zu vereinbaren.
„Mir war klar, dass ich hier vorsichtig vorgehen muss. Zum einen, um die Kunden und den Auftrag nicht zu verlieren, aber auch, weil letztlich nur in gemeinsamer Abstimmung zwischen den beiden Ex-Partnern ein erfolgreicher Verkauf ohne Verluste möglich war“, erklärt Calvin Linke. Wenn die beiden Ex-Partner sich nicht einig werden, kommt es in solchen Fällen oft zur Zwangsversteigerung, bei der am Ende alle Beteiligten nur verlieren. Also entscheidet er sich, zunächst unabhängig voneinander mit beiden zu sprechen.
Im persönlichen Gespräch in Calvins Büro erfährt er mehr über das Haus, aber auch über die familiäre Situation. 19 Jahre haben beide in einem sanierten Einfamilienhaus aus den 60er Jahren gelebt, das mittlerweile fast abbezahlt sei. In dieser Zeit bauten sie eine Garage, eine neue Terrasse und ein kleines Gästehaus im Garten. Es stecken also viele Erinnerungen in diesem Ort. Aber die erwachsene Tochter ist bereits vor einem Jahr ausgezogen, in wenigen Wochen zieht dann der Sohn zum Studium nach Berlin. Immobilien in Moritzburg sind zudem sehr gefragt – in einer ersten Schätzung taxiert Makler Calvin den Wert von Haus und Grundstück auf 320.000 €. Die Gelegenheit zum Verkauf ist also günstig, vorausgesetzt, die Noch-Ehepartner können sich einigen.
Das erste Gespräch dauert länger, als geplant, aber am Ende ist Calvin zufrieden. Es gelingt ihm, trotz aller nachvollziehbarer Emotionen, die Kundin von einem gemeinsamen Vorgehen zu überzeugen. Reden wolle sie mit ihrem Mann jedoch nicht mehr, zumindest nicht im Moment. Dafür sei sie zu wütend und zu enttäuscht. Sie ist jedoch einverstanden, dass Saxowert beide Eigentümer beim Verkauf vertritt und sich hierfür auch bei ihrem Ex-Partner die Zustimmung einholt. Alle weiteren Schritte wolle man dann nach dem morgigen Gesprächstermin besprechen.
Am nächsten Tag trifft Calvin dann den zweiten Eigentümer des Hauses und Ex-Partner seiner Kundin am Firmensitz von Saxowert in Dresden. Nachdem Calvin vom gestrigen Gespräch berichtet, reagiert der Kunde sichtlich überrascht, fühlt sich sogar hintergangen. Der Immobilienmakler erklärt aber ruhig die Sachlage und die Alternativen. Bei Scheidungsimmobilien sei es gar nicht so selten, dass er als Makler getrennte Gespräche mit den Eigentümern führen muss, weil diese sich nicht mehr sehen wollen. Nur dass in diesem Fall beide Besitzer ohne Wissen des anderen Kontakt mit Saxowert aufgenommen haben, sei etwas ungewöhnlich. Ein gemeinsamer Verkauf durch Saxowert wäre aber für beide die beste Lösung. Schließlich willigt Calvins Kunde in das gemeinsame Vorgehen und die Vertretung durch Saxowert ein. Letztlich empfindet er es auch als vorteilhaft, dass er sich nicht weiter mit seiner Frau absprechen muss und dass die Immobilienmakler von Saxowert alles Weitere regeln.
Nach der Auftragserteilung durch beide Ehepartner kann Calvin nun den Verkauf vorbereiten und alle nötigen Schritte planen. Bei einer Besichtigung des Hauses nimmt er eine detaillierte Wertprüfung vor und macht zahlreiche Fotos für die spätere Vermarktung. Bevor er dann die Verkaufsinserate veröffentlicht und potenzielle Interessenten kontaktiert, stimmt er sich mit den beiden Eigentümern über den Verkaufspreis ab – in diesem Fall natürlich in Einzelgesprächen. Vor allem Transparenz spielt in einem solchen Verfahren eine große Rolle, sodass keiner der Beteiligten das Gefühl hat, nicht berücksichtigt zu werden oder sich sogar hintergangen fühlt.
Vier Wochen später ist ein Käufer gefunden, der den vereinbarten Angebotspreis von 335.000 € akzeptiert. Wie es bei Trennungs- und Scheidungsimmobilien manchmal vorkommt, unterschreiben die beiden Eigentümer jeweils einzeln den Kaufvertrag. Für Calvin bedeutet das Vorgehen zwar einen größeren Aufwand als üblich, aber dennoch ist er sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Auch seine beiden Kunden sind erleichtert über den schnellen und erfolgreichen Abschluss. Calvin ist um eine weitere Erfahrung als Makler reicher und zieht ein positives Fazit: „Auch wenn sie nicht miteinander redeten, hat es mit dem gemeinsamen Verkauf am Ende richtig gut geklappt. Ich habe den beiden danach dennoch ans Herz gelegt, sich einen guten Anwalt zu suchen. Ich kann zwar dafür sorgen, dass das Haus zügig zum bestmöglichen Preis verkauft wird, aber die gerechte Aufteilung des Erlöses liegt leider nicht in meinen Händen.“